Geht es um kostenpflichtige Rücksendungen, sollten Händler auf einige wichtige Punkte achten.

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Mit der Zunahme von Einkaufspraktiken wie Bracketing1 und Wardrobing sowie der daraus resultierenden finanziellen Belastung führen derzeit Fashion-Retailer vermehrt kostenpflichtige Rückgaberichtlinien ein. Obgleich die Mehrheit der führenden Online-Shops in Deutschland Warenrücksendungen noch kostenfrei anbietet, haben 12 Prozent bereits Rücksendegebühren erhoben. Das Thema an die „News-Front“ gespült hatten große Shops wie Zara und H&M, die als erste die Einführung von Rücksendegebühren einführten. Seitdem hat sich das Bewusstsein für dieses Thema geschärft und es zeigt sich, dass kostenpflichtige Rücksendungen auch allgemein zunehmen. Wie verhält es sich allerdings mit der Transparenz bei den neuen kostenpflichtigen Rücksenderichtlinien – worauf sollten Händler hierbei achten? 

Lösungen, die mitwachsen

Kostenlose Retouren sind ein Phänomen, das sich schnell zum Branchenstandard entwickelt hat. Es entpuppte sich als ideale Strategie, um wettbewerbsfähig zu bleiben und das Online-Shopping im Vergleich zum Einkauf im Ladengeschäft attraktiv zu machen, denn in den Anfängen war Online-Shopping – auch wenn man sich das heute kaum noch vorstellen kann – eine eher futuristische Idee. Damals gab es noch große Bedenken gegenüber dem Kauf von Artikeln, die man nur online sehen konnte, ohne in ein physisches Geschäft zu gehen – die bis dahin gültige Norm. Um Kund:innen zum Ausprobieren dieser neuen Art des Einkaufens zu bewegen, brauchte es entsprechende Anreize. Heute dagegen lässt sich auf einmal eine Zunahmekostenpflichtiger Retouren im Online-Handel beobachten.

Die Gründe dahinter? In erster Linie sind es wirtschaftliche Überlegungen und leider nicht Nachhaltigkeitsaspekte, die Händler:innen dazu motivieren. Denn seit einiger Zeit sehen sich Online-Shops mit ständig steigenden Versandkosten konfrontiert und müssen daher nach alternativen Lösungen suchen, um betriebliche Effizienz und Rentabilität zu gewährleisten. Kostenpflichtige Retouren sind bei vielen Retailern daher zu einem wichtigen Teil dieser Lösung geworden. Auch wenn Rücksendekosten Kund:innen wahrscheinlich zu einem nachhaltigeren Rücksendeverhalten anregen, führen Händler:innen sie in erster Linie ein, um ihre Rentabilität zu sichern.

Retouren zu erschweren, bedeutet nicht, sie zu verhindern

Viele Einzelhändler:innen glauben, sie könnten Verbraucher:innen von Rücksendungen abhalten, indem sie ihre Rückgaberichtlinien verschleiern oder komplizieren. Dies ist jedoch nicht der Fall, sondern es tritt eher das Gegenteil ein: Kund:innen, die sich durch ein kompliziertes Rückgabeverfahren kämpfen müssen, werden wahrscheinlich vielmehr von künftigen Einkäufen abgeschreckt.

Eine Studie von Sendcloud hat ergeben, dass nur 29 Prozent der deutschen Retailer ihre Rückgaberichtlinien klar und deutlich auf der Website kommunizieren. So lässt sich in rund 24 Prozent der Fälle diese wichtige Information nur umständlich über eine Support-Seite auffinden, anstatt dass Kund:innen beim Kauf auf der Homepage auf direktem Wege zu den Rückgabeinformation navigieren können. Bei 11 Prozent ist die Retourenpolitik unbekannt oder sie existiert nicht. Eine Rücksendegebühr verlangen insgesamt nur 12 Prozent der untersuchten Händler:innen – in 50 Prozent der Fälle ist die Höhe der Rücksendegebühr dabei für Käufer:innen vor der Rückgabe nicht ersichtlich. Neben den finanziellen Auswirkungen führt eine ausweichende Haltung gegenüber der Rückgabepolitik allerdings auch zu zusätzlicher Frustration und Unzufriedenheit bei der Kundschaft.

Eine klare und prägnante Kommunikation kann dagegen das gesamte Einkaufserlebnis verbessern und sogar zur Förderung von Wiederholungskäufen anregen. So würden 64 Prozent der Kundschaft nicht einmal in Erwägung ziehen, in einem Online-Shop zu bestellen, wenn keine klaren Informationen darüber einsehbar sind, wie ein Artikel zurückgegeben werden kann. Viele Shops sind dagegen von einer transparenten und einfachen Gestaltung ihrer Rückgaberichtlinien jedoch noch meilenweit entfernt. 

Transparenz ist das Minimum

Es kann nicht oft genug betont werden: Jeder Shop, der seine Kund:innen langfristig binden möchte, tut gut daran, seine Rückgabeprozesse so einfach wie möglich zu gestalten. Dafür gibt es nicht den einen richtigen Weg, aber es gibt einige grundlegende Aspekte, die in der Praxis beachtet werden sollten.

Ein guter Ausgangspunkt ist Transparenz – eine klare Kommunikation auf der Website über alle Elemente wie Kosten, Verfahren und Rückgabefristen klärt die Kund:innen auf und schärft so das Vertrauen in den Shop als faire:n Geschäftspartner:in.

Die Einrichtung eines Retourenport kann sich ebenfalls als Gamechanger darstellen: Kund:innen können dann selbst entscheiden, wo, wann und wie sie ihre Retoure abwickeln. Derzeit bieten zwar 68 Prozent der Händler:innen ein Retourenportal an, über das Online-Shopper ihre Retouren bequem abwickeln können. Verbesserungsbedarf besteht jedoch bei der Prozessoptimierung. Ein solches Portal soll Verbaucher:innen ermöglichen, ihre Retouren bequem abzuwickeln und eine papierlose Rücksendung zu ermöglichen. Dies kann durch verschiedene Rückgabemöglichkeiten wie Abgabe, Paketschließfach, Abholung etc. ergänzt werden. Das vereinfacht den Rückgabeprozess deutlich. 

Retailer sollten auch darauf achten, dass ihre Kundschaft nicht aufwändig nach ausreichenden Informationen über ihre eingeleiteten Rücksendungen suchen muss. Sie sollten sie eher automatisch über jeden Schritt auf dem Laufenden halten, um Irritationen auf Kundenseite möglichst zu vermeiden. So können Shops ihre Kund:innen zum Beispiel in Echtzeit darüber informieren, sobald Rücksendungen im Lager eingetroffen sind und sie dann auch gleichzeitig wissen lassen, wann sie mit ihrer Rückerstattung rechnen können.

Kostenpflichtige Rücksendungen werden zunehmen, das ist keine Frage. Retailer müssen aber vor der Einführung zunächst einen Schritt zurückgehen, um sicherzustellen, dass ihre Kundschaft mit ihrem Einkaufserlebnis zufrieden ist. So könnten Shops etwa eine verlängerte Rückgabefrist (im Verbund mit weiteren Vorteilen) für Stammkund:innen in Form von Einkaufskreis-Mitgliedschaften anbieten oder auch weiterhin eine kostenlose Rücksendung, wenn Kund:innen bei der Rücksendung eines Artikels einen Gutschein für eine Sofortbestellung einlösen.

Sind gebührenpflichtige Retouren und Convenience miteinander vereinbar?

Klar ist: Online-Shopping ohne Retouren ist nicht realistisch. Klar ist auch: Retouren gehören weder für Retailer noch für ihre Kundschaft zu den Lieblingsaufgaben, sondern sind eher ein lästiger Aufwand. Wie kann man das Unbequeme dennoch so komfortabel wie möglich machen? Am besten, indem Shops dafür sorgen, dass ein solcher Vorgang mehr Nutzen als Schaden bringt. Deshalb sind Transparenz und Komfort zwei wesentliche Elemente bei der Gestaltung des idealen Retourenprozesses.

Um Reibungsverluste bei der Rückgabe zu reduzieren, müssen Einzelhändler:innen deshalb einen Mittelweg finden: eine nahtlose Rückgabemöglichkeit in Verbindung mit den klar kommunizierten damit verbundenen Kosten und Abläufen. Wenn Online-Shopper schon bei Einkauf wissen, was sie erwartet, und auch darauf vertrauen können, dass sich mögliche Retoure so einfach und fair wie möglich abwickeln lassen, führt dies erstens zu Zufriedenheit und gibt ihnen zweitens einen Grund, wieder zum selben Shop zurückzukehren – um z. B. etwaige Gutscheine einzulösen. Und wenn Händler:innen dies gelingt, kann es durchaus sein, dass sie ihre Kundschaft durch die Zahlung einer Retourengebühr nicht verschrecken, selbst wenn es vorher viele Jahre anders war. 

AnalyseDie Zahlen basieren auf den Rücksendedaten von mehr als 25.000 Sendcloud-Kund:innen und liefern wertvolle Erkenntnisse für E-Commerce-Unternehmen zur Optimierung ihrer Rücksendungsrichtlinien und -prozesse.

Das sogenannte „Bracketing“ läuft folgendermaßen ab: Ein Artikel wird von Kund:innen in mehreren Größen und (Farb-) Varianten bestellt. Dabei beabsichtigen sie nicht, alle bestellten Produktvarianten zu behalten, sondern bestellen mit dem Ziel, nicht passende Größen oder Varianten an den Shop zurückzusenden


Rob van den Heuvel

Über den Autor: Rob van den Heuvel ist CEO und Mitbegründer von Sendcloud. Bereits während seiner Studienzeit machte er seine ersten Schritte in die Welt des E-Commerce. 2012 gründete er mit zwei Partnern Sendcloud. Das SaaS-Unternehmen mit Sitz in Eindhoven, Niederlande, ist mittlerweile in acht Ländern aktiv. 

 

 

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Geschrieben von Gastautor

Kommentare

#2 Oliver 2024-05-04 22:53
Ich bin verwirrt - der Autor offensichtlich auch..

Rücksendegebühren sind in Deutschland nicht erlaubt. Vermutlich ist das in ganz Europa so.

Die Grundlagen der Retouren sind gesetzlich festgelegt - da gibts also keinen Mangel an Transparenz.
Beide Seiten haben zurück zu geben was sie erhalten haben. Das bedeutet das der Verkäufer nicht nur die, im glauben an ein erfolgreiches Geschäft, investierten Versandkosten, Werbekosten, Personalkosten etc. vergeblich investiert hat da er den vollen Verkaufspreis inklusive hinsendekosten erstatten muss sondern auch das der Kunde die Ware auf seine Kosten zum Verkäufer zurück senden muss - und zwar in dem Zustand wie sie bei erhalt war.

Also eigentlich total simpel.
Das einzige verwirrende sind Verkäufer die in der Vergangenheit die Rücksendekosten übernommen haben und nun nach und nach wieder klar denken und dem Kunden diesen kleinen Teil der Last einer Retourensendung "aufbürden"
#1 Dirk 2024-05-02 12:31
Auch wenn der Autor mit vielen Dingen rehct hat, finde ich es bezeichnend, dass derartige Ratschläge und Studien immer von Versanddienstle istern kommen, die genau damit Geld verdienen: dass möglichst viele Pakete versendet werden. Ob die zum Kunden oder zum Händler zurückgehen, ist für den Versanddienstei ster egal - er verdient immer - wie die Bank im Casino oder der Anlageberater deiner Bank. Klar, dass die den Versandvorgang an sich möglichst einfach und vorgegeben gestalten wollen - umso mehr können sie verdienen.

Wie sich eine Händler/Kundenb eziehung rechnen soll, die vornehmlich aus bequemen Retouren und dem Einlösen von Gutscheinen besteht, will sich mir jedenfalls nicht erschließen...

Nach 19 Jahren in diesem Business (Textil) ist unsere Erfahrung:

1. Führte die erste Bestellung zu einer Retoure, liegt die Retourenwahrsch einlichkeit für künftige Bestellungen bereits bei über 50%.
2. Werden 3 Bestellungen nacheinander retourniert, wird aus diesem Kunde nie wieder ein rentabler Kunde, an dem man etwas verdienen kann.
3. Je mehr Artikel Kunden auf einmal bestellen, umso höher ist die Retourenwahrsch einlichkeit. Denn dann ist naheliegend, dass sich der Kunde während der Bestellung eher wenig mit dem einzelnen Artikel beschäftigt hat, wie die Größe ausfällt usw. - sondern einfach mal alles angeklickt hat, was er interessant fand. Und Gr. M passt ja bei Primark auch immer....



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