Worauf sollten Händler beim Thema Verpackung besonders achten? Die Antwort darauf und auf noch viele weitere Fragen liefert folgendes Interview.

Verkäufer Packen E-Commerce Versandbox für Versand
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Jeder kleine und große Online-Händler muss sich früher oder später mit dem Thema Versand und Verpackung auseinandersetzen. Da sich die Kundenerwartungen dazu in den letzten Jahren deutlich verändert haben – Stichwort „Unboxing“ und Nachhaltigkeit – stehen Unternehmen vor immer größeren Herausforderungen, diese zu erfüllen.

Jochen Drösel, Chief Sales Officer bei Schumacher Packaging, liefert in folgendem Interview Antworten zu den aktuell wichtigsten Fragen rund um das Thema Verpackung.

Logistik watchblog: Ohne Verpackung geht im Online-Handel nichts. Was sind aktuell die größten Herausforderungen für Händler, wenn es um das Thema Verpackungen geht?

Jochen Drösel: Die größte Herausforderung für Händler besteht darin, mit ihren Verpackungen den vielfältigen Erwartungen der Verbraucher gerecht zu werden. Diese wollen natürlich, dass ihr Paket in einem einwandfreien Zustand bei ihnen ankommt. Händler sollten die Verpackung gleichzeitig für den „Unboxing Moment“ attraktiv gestalten. Darüber hinaus rückt die Nachhaltigkeit von Verpackungen immer mehr in den Kundenfokus. 

Wie sieht die perfekte Verpackung aus? Gibt es diese aus Ihrer Sicht überhaupt?

Die perfekte Verpackung ist passgenau, nachhaltig und wird sinnvoll als Marketinginstrument genutzt. Aus meiner Sicht können papierbasierte Verpackungen diese Anforderungen auf einzigartige Weise miteinander verbinden. So wird das Naturprodukt Well- und Vollpappe aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen und ist seit vielen Jahren ein erfolgreiches Kreislaufprodukt. Pakete aus Pappe können vollständig wiederverwertet werden – ihre Recyclingquote liegt in Deutschland bei nahezu 100 Prozent. Zudem sind sie hochgradig individualisierbar – sowohl in Sachen Verpackungsgröße als auch was die Gestaltung von Paketinnen- und -außenseite für Marketingzwecke angeht. 

Packzeit, Materialverbrauch, Kundenerlebnis, Stabilität – Alle Faktoren zum gleichen Maße zu bedienen ist fast unmöglich. Worauf sollten Händler den Fokus legen?

Händler sollten sich primär auf die Stabilität ihrer Verpackungen konzentrieren. Die Unversehrtheit der Produkte muss entlang des gesamten Transports sichergestellt werden – über Logistikzentren, Lieferfahrzeuge bis zur Haustür des Empfängers. Dabei gilt es, die Beschaffenheit der Sendungsware genauso zu berücksichtigen wie die Länge und Art des Transportwegs. Aufgrund ihrer Materialeigenschaften eignen sich Verpackungen aus Well- und Vollpappe besonders gut für den E-Commerce, da sie geringes Gewicht und Stabilität vereinen. 

Warum gibt es immer wieder Fälle, in denen Verpackungen zu groß ausfallen?

Grundsätzlich lässt sich sagen: Je komplexer die zu verpackenden Güter sind, desto herausfordernder ist es, die passgenaue Lösung zu finden. Probleme bereiten etwa gemischte Warenkörbe mit Produkten in unterschiedlichen Größen und Formen. Gleiches gilt für große, sperrige Güter, wie etwa in der Möbelindustrie. Endloswellpappe oder faltbare Kartons ermöglichen es, solche Waren und Warenkörbe bedarfs- und größengerecht zu verpacken.

Wie schafft man es, die ideale Verpackungsgröße zur Hand zu haben? Welche Prozesse sind für effiziente Verpackungen vielleicht außerdem wichtig?

Grundlage für die Entwicklung passgenauer Verpackungen ist die Auswertung des exakten Bedarfs eines Händlers anhand seiner Produkte, deren Maße und Versandhäufigkeiten. StartUps wie unser schwedisches Partnerunternehmen Skrym bieten Softwarelösungen, mit denen die Logistikprozesse von Online-Händlern analysiert werden können – von der Bestellung über die Verpackungsabläufe bis hin zur Lieferung. Auf Basis bestehender Daten und künstlicher Intelligenz können Verpackungsgrößen und damit Emissionen und Logistikkosten um bis zu 15 Prozent verringert werden. 

Die EU will ein neues Gesetz auf den Weg bringen, welches den Verpackungsmüll in Paketen reduzieren soll, für Online-Händler soll es eine Leerraumquote von maximal 40 Prozent geben. Was halten Sie von solchen gesetzlichen Vorgaben? Sind Sie der Meinung, dass dies der richtige Weg hin zu mehr Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein ist?

Wir stehen dem Grundgedanken und dem Ansatz der Vermeidung sehr positiv gegenüber, denn für die Zukunft haben wir ein klares Bild vor Augen: Verpackungen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg noch klimafreundlicher zu gestalten. Die Reduzierung von Verpackungsmüll und Leerräumen ist ein wichtiger Hebel für mehr Nachhaltigkeit, weshalb wir mit unserem breit aufgestellten Produktportfolio und der Zusammenarbeit mit Partnern wie Skrym schon heute effiziente Lösungen für unsere Kunden anbieten. 

Vor diesem Hintergrund beschäftigen wir uns auch mit dem Neuentwurf der Europäischen Verpackungsverordnung. Wir unterstützen die Ziele, das Verpackungsaufkommen und Over-Packaging zu reduzieren und die Kreislaufwirtschaft in Europa weiterzuentwickeln. Gleichzeitig halten wir den Einsatz von Mehrwegverpackungen für Haushaltsgeräte und im Non-Food-Versandhandel für kritikwürdig. Denn: Mehrwegverpackungen aus Plastik verursachen durch großvolumige und materialintensive Einheitsgrößen eine komplexe Rücklogistik, zusätzliche Kosten und Emissionen. Sie gefährden die Ziele der Verordnung. In der Gesamtbetrachtung der Supply Chain sind wir von papierbasierten Alternativen im Online-Handel überzeugt. Schon heute lassen sich bei uns alle E-Commerce-Produkte aus 100 Prozent Recyclingmaterial produzieren. Damit können wir selbstbewusst sagen, dass wir gemeinsam mit unseren Kunden nachhaltige und zukunftsorientierte Verpackungen schaffen. 

Was müssen Unternehmen beachten, wenn sie auf nachhaltige Verpackungen umsteigen, zum Beispiel bei den Prozessen?

Grundsätzlich müssen neue nachhaltige Verpackungen die gleichen Anforderungen wie vorherige Verpackungen, die etwa aus Plastik bestanden, erfüllen – insbesondere in Bezug auf Stabilität und Produktschutz. Händler sollten sich dafür von einem erfahrenen Partner zu möglichen Alternativen beraten lassen. Wir gehen davon aus, dass sich rund 75 Prozent der Verpackungskunststoffe im E-Commerce durch Wellpappe ersetzen lassen. Besonderes Potenzial sehen wir im Ersatz von Polysterol bzw. Styropor als Polstermaterial.

Heutzutage wird die Verpackung auch gerne für Marketingzwecke genutzt, gibt es Fehler beim Design und Branding der Verpackung, die lieber vermieden werden sollten – und warum? 

Handelt es sich um sensible Produkte, etwa hinsichtlich der Privatsphäre des Empfängers, sollten Design und Branding auf der Verpackung schlicht gehalten werden. Auch bei hochwertiger Ware gilt es zum Schutz vor Diebstahl entsprechend auf explizite Marketingbotschaften zu verzichten – diese lassen sich aber geschickt in die Innenbedruckung verlagern.

Gleichzeitig beobachten wir, dass die Option, Pakete für Marketingzwecke zu nutzen, vielfach ungenutzt bleibt. Dafür können Händler von der Expertise ihrer Verpackungshersteller profitieren. Gemeinsam mit einem führenden E-Commerce-Händler und Studierenden hat Schumacher Packaging beispielsweise kreative Gestaltungsideen für das Branding auf der Paketaußenseite entwickelt. Projekte wie diese unterstützen Händler dabei, „out of the box“ zu denken und die Verpackungsfläche optimal für Marketingzwecke zu nutzen. Der moderne Hochleistungsdigitaldruck bietet dabei ganz neue Möglichkeiten, die beim klassischen Flexo- oder Digitaldruck nicht möglich oder mit sehr hohen Kosten verbunden sind – und das bei brillanten Druckbildern und einem umweltfreundlichen Verfahren. 

Stichpunkt Digitalisierung: Wie lässt sich die fortschreitende Entwicklung in diesem Bereich nutzen, um den Online-Handel künftig nachhaltiger zu gestalten?

Big Data, KI-gestützte Software und Optimierungsalgorithmen können dabei unterstützen, spezifische Verpackungsanforderungen für jede Sendung in Echtzeit zu analysieren. Dadurch lassen sich nicht nur Volumen, sondern auch der Materialverbrauch reduzieren sowie die Transporteffizienz erhöhen – für klimafreundlichere Verpackungen entlang der gesamten Lieferkette.

Zudem können Digitalisierung und Automatisierung in der Produktion unterstützen und Ressourcen schonen. Wir setzen schon heute auf digitales Schneiden und Rillen sowie den Hochleistungsdigitaldruck, mit dem wir als Pionier für das umweltfreundlichste Druckverfahren in der Branche voran gehen. Er ermöglicht eine individuelle Bedruckung von Verpackungen – zum Beispiel mit fortlaufenden Barcodes, Vielfarbendruck auf brauner Außendecke und offener Welle, kürzeren Vorlaufzeiten und schnellen Änderungen im Druckbild dank Data-to-print-Technologie. 

3 goldene Regeln zum Thema Verpackungen von Ihnen zum Abschluss?

Händler sollten bei der Materialwahl ihrer Verpackungen stets gewährleisten, dass ihre Produkte sicher und effizient beim Verbraucher ankommen. Lösungen aus Well- und Vollpappe verbinden Stabilität mit geringem Gewicht und helfen durch ihre Individualisierbarkeit, Leerräume zu reduzieren. 

Die perfekte Verpackung erfüllt die Kundenerwartungen an Funktionalität und Nachhaltigkeit und sorgt beim Unboxing für positive Emotionen.

Es lohnt sich immer, auf partnerschaftlichen Umgang und Dialog mit Verpackungsherstellern zu setzen. Gemeinsam lassen sich innovative Lösungen erarbeiten, um den Herausforderungen entlang der Supply Chain zu begegnen und Potenziale hinsichtlich Nachhaltigkeit auszuschöpfen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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Geschrieben von Corinna Flemming